Am 16. März 2018 lud die Puchheimer SPD zu einem Informationsabend zum Thema "Burnout". Die Überschrift des Abends lautete "Volkskrankheit Burnout - Symptome, Diagnose, Therapien, Vermeidung". Dass dieses Thema die Menschen bewegt, zeigte sich schon darin, dass der Nebensaal der Bürgerstuben fast bis auf den letzten Platz besetzt war. Knapp 50 Zuhörer wollten erfahren, was der Gast des Abends, der Arzt und Psychotherapeut Dr. med. Stefan Woinoff, zu dem Thema zu sagen hat. Und das war einiges.
Zunächst überraschte Dr. Woinoff, der von SPD-Stadträtin Dorothea Sippel und dem stellvertretenden SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Josef Ehrensberger interviewt wurde, mit der Aussage, dass der Begriff "Burnout" ja eigentlich positiv besetzt sei. Denn er belege seiner Ansicht nach, dass jemand zunächst für etwas brennt, bevor er dann irgendwann "ausgebrannt" ist. Letzteres werde immer öfter diagnostiziert. Psychische Erkrankungen, so Woinoff, seien inzwischen die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit. Zwar nähmen die psychischen Erkrankungen tatsächlich zu, jedoch gebe es heutzutage auch eine viel größere Akzeptanz und Aufgeschlossenheit gegenüber solchen Krankheitsbildern in der Bevölkerung und auch bei den Arbeitgebern als dies früher der Fall war. Zudem könne man, wie aus der Zuhörerschaft vorgetragen, Burnout zunächst auch als "gesunde Abwehrreaktion" des Körpers und des Geistes gegen eine drohende oder bereits eingetretene Überlastungssituation ansehen.
Großen Raum an dem Abend nahm die Frage ein, wie man "Burnout" denn erkennen könne. "Die Symptome", so Woinoff, "sind denen einer Depression ähnlich". Anzeichen für einen Burnout könnten demnach anhaltende Antriebslosigkeit, Niedergeschlagenheit, ausgeprägte und anhaltende "Widerwilligkeit" gegen den montäglichen Arbeitsbeginn, signifikante Schlafschwierigkeiten, körperliches Unwohlsein (wie z.B. Magenbeschwerden, Verspannungen, Zittern, Nervosität) und die Meidung persönlicher Kontakte sein. Gerade Männer gingen oftmals auch nicht offen mit ihren Schwächen um, was das Risiko eines Burnout vergrößere. In extremen Fällen flüchteten sich Burnout-Erkrankte auch in die Alkohol- oder in andere Suchtarten. Ein Teufelskreis, aus dem sich Betroffene nur schwer oder gar nicht mehr selbst befreien könnten.
Besonders häufig von Burnout betroffen seien Berufsgruppen, die häufig mit negativen Rückmeldungen auf ihre Tätigkeit konfrontiert werden, so z.B. Menschen, die im sozialen Bereich arbeiten, aber auch Polizistinnen und Polizisten, Verkäuferinnen und Verkäufer sowie Lehrerinnen und Lehrer.
Doch nicht nur negatives oder gänzlich fehlendes Feedback, sondern auch quantitative und/oder qualitative Überforderung könnten einen Burnout provozieren. Ein sehr häufiger Grund für Burnout sei aber auch die mangelnde Wertschätzung und Anerkennung durch Führungskräfte. Hier gebe es in Deutschland traditionell einen hohen Nachholbedarf, was die soziale Kompetenz von Führungskräften in Unternehmen angeht. Förderung und Forderung von Menschen in Führungsverantwortung hinkten den heutigen, vielfältigen Anforderungen oftmals weit hinterher, hier bestünde erheblicher Verbesserungsbedarf bei der Ausbildung und Begleitung von Führungskräften.
Grundsätzlich könnten aber auch private Probleme zu einem Burnout führen, so z.B. eine lange und erfolglose Partnersuche.
Allgemein anfällig für Burnout-Erkrankungen seien Menschen, bei denen es über eine längere Zeit ein Missverhältnis zwischen Input (also dem, was diese Menschen einbringen) und Output (also dem, was diese Menschen zurückbekommen (z.B. Feedback, also nicht nur rein materiell)) gibt.
In den meisten Fällen, so Woinoff, sei eine spezifische Diagnose möglich, die dann mit einer ebenso spezifischen Therapie behandelt werden könne. Eine solche Behandlung benötige jedoch viel Zeit, sodass oftmals lange Krankschreibungen bei einer gesicherten Diagnose "Burnout" nicht unüblich seien. In besonders schweren Fällen sei eine Überweisung in eine psychosomatische Klinik unerlässlich. Bei nicht-endogenen Erkrankungen bestünden gute bis sehr gute Heilungschancen. In vielen Fällen sei der Einsatz von Medikamenten unerlässlich, um den zuvor beschriebenen Teufelskreis durchbrechen zu können. Eminent wichtig sei auch, den erkrankten Menschen für eine Weile komplett aus allem herauszunehmen. Dies dürfe jedoch nicht dazu führen, dass sich der Erkrankte dann dauerhaft in (s)einer Opferrolle einniste, da dies sonst für Angehörige und Freunde sehr schnell zu einer enormen Belastung führen könne. Hier sei ein gutes Timing sehr wichtig.
Jedoch sei es mit der Therapie alleine in vielen Fällen nicht getan. So müssten zwingend auch die Rahmenbedingungen angegangen und verändert werden, unter denen es überhaupt zum Burnout kommen konnte. "Es passiert oft", so Woinoff, "dass Burnout-Erkrankte nicht mehr an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren. Oft hilft schon ein Wechsel in eine andere Abteilung mit einem anderen Vorgesetzten innerhalb des Unternehmens." Manchmal sei aber auch ein Arbeitgeberwechsel oder gar ein Berufswechsel erforderlich.
Für Betroffene sei es leider oftmals nicht einfach, schnell einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen. Hierzu wies Dr. Woinoff darauf hin, dass bei einem Verdacht auf Burnout grundsätzlich auch der Hausarzt als Erstansprechpartner eine Krankschreibung veranlassen könne. Der immer mehr in Mode kommenden Option, sich "online diagnostizieren zu lassen", kann Woinoff nichts abgewinnen. Der Besuch eines Facharztes sei dem immer vorzuziehen.
Doch was kann jeder Einzelne tun, um es erst gar nicht zu einem Burnout kommen zu lassen? Hier gebe es verschiedene Maßnahmen und Möglichkeiten, so Woinoff:
Auch an Politik und Wirtschaft richtete Woinoff einige Forderungen. So ginge die Flexibilisierung der Arbeitszeit oftmals zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Hier müsse es klare(re) Regeln und Grenzen geben. Erhebliche Defizite gebe es auch bei der Qualifikation von Führungskräften, denen es häufig an der notwendigen Befähigung und an der Empathie zur Führung von Menschen in einem Unternehmen fehle. "Der Fisch stinkt meist vom Kopf her!", konstatierte Woinoff in diesem Zusammenhang. Hieran müssten Politik und Wirtschaft intensiver als bisher arbeiten.
Diesen Forderungen können wir uns als Puchheimer SPD nur anschließen.
Wir bedanken uns bei Dr. Stefan Woinoff und bei den beiden Moderatoren, Dorothea Sippel und Josef Ehrensberger, für den sehr interessanten Abend.
Die SPD Puchheim plant noch in diesem Jahr eine weitere Veranstaltung zum Thema "Burnout", dann jedoch speziell auf Kinder und Jugendliche bezogen. Wir werden Sie natürlich rechtzeitig über Termin und Örtlichkeit informieren.