SPD-Neujahrsempfang 2016 - Alexander Reissl war zu Gast in Puchheim

Alexander Reissl im Gespräch mit Petra Weber und Norbert Seidl

"Münchner G'schichtn" hieß das Thema des Neujahrsempfangs der SPD Puchheim am 29. Januar 2016 in der Aula der Schule Süd. Knapp 80 Gäste folgten der Einladung der Puchheimer Sozialdemokraten und lernten in Alexander Reissl, dem Fraktionssprecher der SPD im Münchner Stadtrat, einen sympathischen, bodenständigen und pragmatischen Kommunalpolitiker ohne Allüren kennen.

In einem kurzweiligen, von Petra Weber und Norbert Seidl mit ihm geführten Interview erfuhr man in und nach der Begrüßungsansprache der SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Marga Wiesner zunächst Persönliches aus der Vita Reissls. Der gebürtige Moosacher stammt aus prekären Verhältnissen. Bereits mit 16 Jahren ist er, wohl auch beeinflusst durch die Tätigkeit seines Vaters in der Gewerkschaft, in die SPD eingetreten. Beruflich arbeitete er zunächst als Druckformhersteller, um später zu einem öffentlich-rechtlichen Kreditinstitut zu wechseln, wo er für das Online-Banking zuständig ist.

Bevor Reissl von Weber und Seidl zu den verschiedensten politischen Themen befragt wurde, musste er zunächst ins "Kreuzverhör". Und gab interessante Antworten.

Wer denn nächster Ministerpräsident in Bayern werde? Seine Antwort: Horst Seehofer. Wie lange Bundeskanzlerin Merkel im Amt bleibe? Bis zur Mitte der nächsten Legislaturperiode, so Reissl. Für die bayerische SPD geht seiner Meinung nach der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bayerischen Landtag, Markus Rinderspacher, ins Rennen um das Amt des Ministerpräsidenten. Der AfD in Rheinland-Pfalz prophezeite er bei den in Kürze anstehenden Landtagswahlen um die acht Prozent. Und den Spatenstich für die zweite Stammstrecke verortet er im Jahre 2018 - für diesen Optimismus erntete Reissl ein überraschtes Raunen aus dem Publikum.

Nach dem "Kreuzverhör" ging es dann um einzelne politische Themen. Dass Reissl ein Verfechter der zweiten Stammstrecke ist, konnte man nicht nur aus seiner Aussage zum Termin des Spatenstichs herauslesen. München und das gesamte Umland brauchen seiner Meinung nach die zweite S-Bahn-Ader tief unter dem Untergrund dringend, um den sonst drohenden Verkehrsinfarkt zu vermeiden.

Nur mit der zweiten Stammstrecke könne es dann auch die von Dr. Herbert Kränzlein, Norbert Seidl und den vielen S4-Nutzern schon lange geforderten Taktverbesserungen geben. Kränzlein bat den Gast des Abends in diesem Zusammenhang dann auch eindringlich, darauf hinzuwirken, dass auch die Münchner Bezirksausschussmitglieder im Bereich der S4-West den Ausbau der Bahnstrecke vehement fordern mögen.

Auf eine Rückfrage von Reissls Puchheimer Fraktionssprecherkollegen Jean-Marie Leone zur Verlängerung der U5 bis Pasing antwortete Reissl, diese könne schon alleine kapazitätsmäßig die häufigen Störungen auf der Stammstrecke nicht auffangen. An der zweiten Stammstrecke führe kein Weg vorbei, denn das bisherige System sei auf die nach wie vor stark steigenden Fahrgastzahlen nicht ausgelegt. Die Verlängerung der U5 bis Pasing sei laut Reissl aber Konsens zwischen den beiden Kooperationspartnern im Münchner Rathaus, SPD und CSU, nachdem der U-Bahnbau in München ab 2010 wegen der restriktiven Haltung der Grünen als damaligem Koalitionspartner ins Stocken geraten war.

Einem weiteren Ausbau der U-Bahn bis zum Neubaugebiet in Freiham erteilte Reissl jedoch eine Absage. Im Gegensatz zur CSU sehe die Münchner SPD hierfür keine Notwendigkeit. Die Erschließung mit zwei S-Bahnhöfen und einer geplanten Straßenbahnanbindung, die auch die beiden S-Bahnhöfe mit einschließen werde, sei ausreichend.

Es sei, so Reissl, durchaus üblich, dass SPD und CSU bei Themen, die im 2014 geschlossenen Kooperationsvertrag nicht geregelt sind, unterschiedlich abstimmten. "Mit den Grünen hatten wir einen Koalitionsvertrag und keinen Kooperationsvertrag, da waren wir in unserem Abstimmungsverhalten bei vielen Themen nicht so frei", resümierte Reissl die Unterschiede zur aktuellen Situation mit der CSU, mit der man insgesamt "ganz ordentlich" zusammenarbeite.

Unterschiedliche Sichtweisen zwischen Stadt und Umland wurden dann vor allem beim Thema Wohnungsbau sichtbar. Für Reissl sei das Wohnungsproblem nicht ein Problem der Landeshauptstadt, sondern der gesamten Region München. Den Wachstumsdruck könne man nur schwerlich regeln, wie er am Beispiel der Expansion von BMW als mittlerweile größtem Arbeitgeber in München anschaulich darlegte. Hiervon profitierten dann schließlich auch die Umlandkommunen, deren Untätigkeit beim Bau von erschwinglichem Wohnraum Reissl kritisierte. München könne nicht noch für die umliegenden Kommunen Wohnungen mitbauen. Mit den beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften schaffe München jährlich bis zu 1.800 bezahlbare Wohnungen. Gefragt nach Kooperationsmöglichkeiten zwischen Stadt und Umland, bot Reissl die Expertise der beiden städtischen Wohnungsbaugesellschaften an. "Bauland ausweisen und Bauen muss aber jede Kommune selbst".

Vor allem im Bereich des Mietwohnungsbaus sieht Reissl große Defizite. Er stellte kurz verschiedene, in München praktizierte Konzepte zum Mietwohnungsbau vor und wies - auch im Hinblick auf die Flüchtlingsdebatte - auf die Notwendigkeit des Baus von kleinen, einfachen und bezahlbaren Wohnungen hin. Reissl betonte aber auch, dass der Gesetzgeber im Bund dringend handeln müsse, weil die Kommunen die Probleme ohne entsprechende Anreize und Fördermöglichkeiten nicht alleine lösen können.

"Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen" - mit diesem Bonmot, das in der Literatur u.a. Karl Valentin zugeschrieben wird, leitete Norbert Seidl seine Frage an Reissl ein, welche Rolle denn eine SPD in Bayern mit Umfragewerten bzw. Wahlergebnissen von 16 bis 18 Prozent noch spielen könne. Nach Ansicht von Reissl müsse die SPD immer für ihre Kernthemen einstehen, unabhängig von den Wahlergebnissen. Sie dürfe wichtige Werte wie soziale Gerechtigkeit und kommunale Daseinsvorsorge nicht preisgeben. Der von der CSU forcierten Privatisierung von Einrichtungen der kommunalen Daseinsvorsorge erteilte er eine klare Absage.

Zum Abschluss des Abends erhielten Reissl und seine Frau, die ihn zu dem Empfang begleitete, Pralinen und die beeindruckende Fotochronik "Puchheim auf dem Weg zur Stadt von 1970 bis 2011" von Werner Dreher.

Wir bedanken uns bei Alexander Reissl für seinen Besuch in Puchheim und den kurzweiligen Abend und hoffen, dass die Zusammenarbeit zwischen München und den Umlandgemeinden in Zukunft bei wichtigen gemeinsamen Themen wie dem Ausbau des ÖPNV und dem Wohnungsbau intensiviert werden kann.